Stadtführung der Klasse FW11c auf den Spuren jüdischen Lebens in Schweinfurt
Der 9. November wird häufig als der Schicksalstag der Deutschen bezeichnet. Leider jährt sich mit ihm nicht nur ein freudiges Ereignis, wie der Mauerfall und damit die friedliche Revolution, die das Ende der sozialistischen Diktatur einleitete. Auch das Ende des Kaiserreichs im Jahr 1918 und der gescherte Hitler-Putsch 1923 ereigneten sich an einem 9. November. Der in seiner Wirkung schrecklichste 9. November, war sicher derjenige 1938, als im gesamten Deutschen Reich Synagogen und jüdische Geschäfte brannten und das nationalsozialistische Regime mit brutaler Gewalt gegen die deutschen Juden vorging. Anlässlich des 80. Jahrestags der, von den Nazis verharmlosend als „Reichskristallnacht“ bezeichneten Ausschreitungen, nahmen die Klasse FW11c und ihr Geschichtslehrer Herr Albert an einer Führung durch ihre Schulstadt teil. Im Mittelpunkt der von Herrn Gerhard Peetz geleiteten Führung standen zunächst die Auswirkungen, die das NS-Regime und der 2. Weltkrieg auf Schweinfurt hatten. So erfuhren die Schüler von den zahlreichen Zerstörungen durch die Luftangriffe der Alliierten. Die allerdings auch das Leben zahlreicher Fliegerbesatzungen kosteten, da die Kugellagerstadt eine der gesichertsten Städte des Deutschen Reiches war. Dies kann man auch heute noch durch die weiterhin existierenden Hochbunker im Stadtbild sehen.
Nachdem die Schüler mehr über die Bedeutung der Kugellagerherstellung für die Rüstungsindustrie erfahren hatten, ging die Führung vom Marktplatz in die Judengasse. Bereits im 13. Jahrhundert lebten Juden in Schweinfurt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Ihnen jedoch das Wohnrecht in der lutherischen Reichsstadt verwehrt. Es dauerte schließlich bis zum Jahr 1864, bis sich wieder eine Israelitische Kultusgemeinde in Schweinfurt bildete und schließlich eine eigene Synagoge in der Siebenbrückleinstraße errichtete. Dort fand sich die Gruppe schließlich auch schon zu ihrer letzten Station ein. Auch die Synagoge der jüdischen Gemeinde wurde letztlich ein Opfer der Bombenangriffe. Doch war sie bereits als Folge der Reichspogromnacht geplündert und der jüdischen Gemeinde weggenommen worden. Die deutschlandweiten Ausschreitungen fanden in unserer Stadt erst am Morgen des 10. Novembers 1938 statt. Angeführt vom Schweinfurter Bürgermeister Ludwig Pösl (NSDAP) wurden die Wohnungen und Geschäfte der Schweinfurter Juden überfallen und die Menschen gewaltsam durch die Straßen getrieben. Im Jahr 1938 lebten noch 369 Juden in Schweinfurt. Die meisten wurden in den folgenden Jahren Opfer des Holocaust und nur wenige konnten mit viel Glück den Nazis entrinnen. An der Stelle, an der einst die Synagoge stand und die nun der Parkplatz der Stadtsparkasse ist, erinnern ein steinernes Mahnmal und inzwischen auch vier Informationstafeln an verschieden Aspekte des jüdischen Lebens in Schweinfurt und an dessen Untergang. An diesem Ort endete schließlich auch die Stadtführung, die den Schülern vor Augen führte, dass die Ereignisse, derer wir am 9. November gedenken, unmittelbar vor unserer Haustür stattfanden.
Michael Albert, StR