Rede zur Eröffnung der Interkulturellen Wochen in Schweinfurt
Zum zehnten Mal beteiligt sich Schweinfurt an der bundesweiten Aktion „Interkulturelle Woche“. Das kleine Jubiläum begeht die Stadt mit der Erweiterung des Veranstaltungszeitraums weit über den September hinaus.
In Schweinfurt, so die Organisatoren der unter dem Motto „Vielfalt verbindet“ stehenden Veranstaltungsreihe, leben aktuell Menschen aus 100 Herkunftsländern zusammen. Diese Vielfalt wolle man mit über 20 informativen, besinnlichen oder geselligen Veranstaltungsangeboten bis zum 20. Oktober feiern, so der kommunale Integrationsbeauftragte Matthias Kreß.
Und natürlich waren auch Schülerinnen und Schüler von der Friedrich-Fischer-Schule bei der Auftakt-Kundgebung mit dabei, die am 15. September auf dem Vorplatz des Zeughauses stattgefunden hat.
Aufruf zur Toleranz
Vor großem Publikum hielt Tugba Güngör (FS12b) eine kurze Rede, in der sie das begeisterte Publikum zu Toleranz aufrief. Versteht sich, dass die Schulfamilie der FFS mächtig stolz ist auf Tugba Güngör.
Wir stellen mit Tugba Güngörs Erlaubnis diese Rede auf unsere Homepage. Es wurden nur kleine redaktionelle Änderung vorgenommen, der Redestil insgesamt aber beibehalten.
Das Foto von Tugba Güngör hat unsere Kollegin Corinna Lindacher zur Verfügung gestellt. Lindacher ist an der FFS die Koordinatorin und treibende Kraft des bundesweiten Anti-Rassismus-Projektes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.
(RÜDIGER KLEIN für die Redaktion)
Erstmal hallo,
Sie fragen sich gerade sicher alle, was will dieses Mädchen uns sagen. Aber bevor ich zum Thema komme, stelle ich mich erst einmal vor. Ich bin Tugba Güngör. Ich bin 18 Jahre alt und besuche die 12. Klasse an der Friedrich-Fischer-Schule, wo ich in der Ausbildungsrichtung Sozialwesen eingeschrieben bin.
Wieso ich vor Ihnen stehe? An unserer Schule gibt es das Projekt „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“. Wir sind die erste Schule in Schweinfurt gewesen, die an diesem Projekt teilgenommen hat. Ich gehöre zum Team der sogenannten Aktivcoaches und vertrete unsere Gruppe, aber natürlich zuerst unsere Schule.
Ich will es schon mal im Voraus sagen: Das, was ich Ihnen sage, ist meine Meinung. Ich will hier keinem sagen, dass die eigene Meinung falsch wäre, aber wieso sollte man sich nicht auch einmal eine andere Sichtweise anhören?
Weshalb Toleranz und friedliches Zusammenleben für uns und für mich wichtig sind, will ich Ihnen erzählen. Genau deshalb stehe ich hier.
Toleranz? Ich glaube jede und jeder hier hat eine Definition oder eine Idee davon im Kopf, was er oder sie unter Toleranz versteht. Anton Neuhäusler, ein deutscher Philosoph, sagte einmal: „Toleranz ist nicht nur die Duldung der Meinung des anderen, sondern Bescheidenheit. Ich gestehe dem anderen die Möglichkeit der Wahrheit zu, weil ich mir die Möglichkeit des Irrtums eingestehe“.
Mir persönlich gefällt dieser Gedanke Neuhäuslers sehr und ich glaube, er hat da schon Recht - oder nicht? Im Allgemeinen finde ich, dass Toleranz schwer zu definieren ist, ich finde sogar, sie ist nicht allgemein definierbar. Heutzutage ist Toleranz nicht immer leicht zu erfahren; ich finde das sehr schade, wenn man bedenkt, in welcher Zeit wir leben. Meiner Meinung nach ist in jeder Lebenssituation Toleranz nötig. Ob in der Familie, der Schule, im Arbeitsleben oder sogar beim Hobby. Doch ist Toleranz angeboren? Ich finde, dass man das Nicht-tolerieren, aber auch das Tolerieren erlernt. Es gehört zur Erziehung mit dazu und man sollte es von klein auf lernen. Über Toleranz zu reden, ist meiner Meinung nach sehr schwer, denn jede und jeder hier hat ihre bzw. seine eigene Meinung dazu. Das ist nicht schlimm oder schlecht, es ist ganz im Gegenteil sogar gut so, denn man kann nicht immer die gleiche Meinung haben. Denn jeder Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, was er oder sie von Toleranz hält. Die einen Menschen sehen Toleranz als wichtige Eigenschaft an, aber oft auch als allzu selbstverständliche Eigenschaft. Andere sehen Toleranz als Schwachsinn an. Meiner Meinung nach sollte man Toleranz nicht als eine Selbstverständlichkeit sehen. Denn zum Beispiel habe ich als Kind von ausländischen Eltern manchmal Probleme, toleriert zu werden. Der witzige Punkt dabei ist, dass mein Vater hier aufgewachsen ist und sogar seine Ausbildung hier beendet hat. Ich selber bin hier geboren, aufgewachsen und habe erst Deutsch gelernt und dann Türkisch. Trotzdem werde ich in manchen Situationen nicht einmal toleriert. Aber das ist nicht nur hier so, sondern auch in meiner Familie in der Türkei ist das so. Ich finde, dass Toleranz auf der ganzen Welt zunehmend für unwichtig erachtet wird. Statt dass wir Menschen toleranter würden, werden wir unduldsamer gegeneinander.
Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist, ist ein friedliches Zusammenleben. Was finden Sie? Leben wir denn alle friedlich miteinander? Egal ob jetzt als Familie, Schulklasse, Gesellschaft oder hier in unserer Stadt, es gibt sicher immer mal hier und da Streitigkeiten - oder? Das zeigt uns doch allen, dass friedliches Zusammenleben nicht einfach ist. Aber es ist das friedliche Zusammenleben dann doch mit das Wichtigste, was es gibt. Hand aufs Herz, wie die Toleranz so sehen wir auch ein friedliches Zusammenleben als Selbstverständlichkeit an - oder? Aber auch ein friedliches Zusammenleben ist leider nicht selbstverständlich.
Wieso ist das so?
Meiner Meinung nach verlernen wir Menschen mit der Technologie heutzutage die direkte Kommunikation. Durch Handys und Co verliert man nicht nur die Fähigkeit des Miteinanderredens im realen Leben, sondern es passieren sogar immer mehr Streitigkeiten. Es ist heutzutage schon unter Freunden schwer, friedlich zusammenzuleben. Das Wichtigste ist es also, dass wir einander respektieren, akzeptieren und tolerieren lernen, um ein friedliches Zusammenleben zu erlangen.
Wenn in einer Auseinandersetzung, der eine immer Nein sagt, der andere aber immer Ja, dann ist es schwer, dass ein friedliches Zusammenleben entsteht.
Meiner Meinung nach sollten wir uns alle immer wieder fragen, ob wir denn genug für ein friedliches Zusammenleben tun.
Damit, mit diesem Wunsch komme ich zum Ende meiner kleinen Rede. Danke, dass Sie alle einer Schülerin ein paar Minuten Zeit geschenkt und zugehört haben.