Die Klassen FS11e und FS11d kreuz und quer durch Schweinfurt
Der Autobahnwegweiser „Industrie und Kunst“, der mit dem Neubau des Georg-Schäfer-Museum auf die kunstsinnige Industriestadt Schweinfurt hinweist, darf durchaus für bare Münze genommen werden. Die vormals freie Reichsstadt am Main, die traditionell auch als Arbeiterstadt oder kleine Industriemetropole gilt, wird wohl niemals aus dem Schatten der weitaus größeren und mit Welterbe-Baukunst gesegneten Beamten- und Bischofsstadt Würzburg heraustreten.
Gesicht gewandelt
Aber Schweinfurt hat sein Gesicht in den vergangenen 25 Jahren gewandelt. So manche Architekturikone und gleich drei renommierte Kunstsammlungen schmücken seither das Diadem der Geburtsstadt von Friedrich Rückert und Friedrich Fischer. Letzterer, der Wälzlager-Erfinder, ja auch der Namenspatron unserer Berufs- und Fachoberschule. Im Rahmen des Chemie-, des Deutsch- und des Kunstunterrichts in der fachpraktischen Vertiefung haben die Lehrkräfte Christine Stojkovic und Rüdiger Klein mit ihren Klassen FS11d und FS11e eine kleine Exkursion in Schweinfurt unternommen. Einen Punkt wollte man damit hinter einige Themen setzen, die die beiden Lehrkräfte in ihrem Fachunterricht im Lauf des Schuljahres behandelt haben. Ganz im Sinne des neuen Lehrplans ging es dabei handlungs- und kompetenzorientiert ans Werk.
Thema Stadt
So wurde die zweite Deutsch-Schulaufgabe der FS11e um das Thema „Lebenswerte Stadt – lebendige Stadtzentren“ gruppiert und in der FS11d war die Kunstströmung des Expressionismus Gegenstand der theoretischen wie der angewandten Arbeit im Kunstunterricht und der dazu erfolgten Leistungserhebung. Christine Stojkovic näherte sich dem Thema „Stadt“ in ihrem Unterricht unter der Perspektive „grundlegenden Infrastrukturen in einer Kommune“.
Anlauf im Unterricht, Zieleinlauf im Museum
Zum Auftakt der Exkursion gab es mit beiden Klassen ein Frühstück in Sichtweite der Kunsthalle Schweinfurt. Während des von der FFS Fachlehrerin für Kunst und Museumspädagogin Anne Hess geführten Rundgangs durch die Dauerausstellung der Kunsthalle wurde deutlich, dass der Kunstunterricht bei den Schülerinnen und Schülern der FS11d auf fruchtbaren Boden gefallen war. Fachbegriffe wie „Inkarnat“ oder „gute Gestalt“ waren ganz selbstverständlich bei der Hand und das Instrumentarium der Bildanalyse wurde vor Ort aus dem Stegreif souverän angewandt. Und die bis September 2018 laufende Sonderausstellung „Verschollene Malerinnen“ vermochte die Schülerinnen und Schüler derart zu fesseln, dass sie, dies ganz ohne Übertreibung, beinahe nicht mehr aus dem Museum herauszulocken waren.
Pflastersteinwüste Rossmarkt
Im Deutschunterricht hatten die Schülerinnen und Schüler der FS11e die unterschiedlichsten Analyseparameter kennengelernt, vertieft und angewandt, die Stadtplaner, Fachleute vom Stadt-Marketing oder Infrastruktur-Planer berücksichtigen, wenn sie daran gehen, die Aufenthaltsqualität in einer Kommune zu erhalten, zu stärken oder zu verbessern. Klar, Städte wandeln sich und ihr Gesicht, wie die Schülerinnen und Schüler während eines industriegeschichtlichen Rundgangs mit Claudia Helldörfer und Gerhard Peetz, beide sind Gästeführer der Stadt, ein ums andere Mal feststellen durften. So gilt halt auch für Schweinfurt, was Karl Kraus hinsichtlich jeder Art von Stadtentwicklung 1912 für Wien festhalten mochte: Alt-Wien, so der Meister der pointierten Kulturkritik, sei auch einmal neu gewesen.
Stadtgeschichte lebendig
Umso besser, dass Historikerinnen und Historiker überall in der Republik als Gästeführerinnen und Gästeführer in ihren Heimatorten eine Art wandelndes Gedächtnis der jeweiligen Stadt- oder Ortsgeschichte sind. Wenn sie, wie zum Beispiel Claudia Helldörfer oder Gerhard Peetz, ihr junges Zielpublikum erreichen oder da abholen, wo der Schulunterricht normalerweise enden muss, dann wird Stadtgeschichte lebendig und zur besten denkbaren Fortsetzung eines handlungs- und kompetenzorientierten Unterrichts mit anderen Mitteln und am außerschulischen Lernort. Besser geht’s kaum.
Rüdiger Klein, Oberstudienrat i. BV.