Die Schweinfurterin Paloma Solazzo ist eine der Preisträgerinnen beim Bundeswettbewerb der Berliner Festspiele für
junge Autoren. Foto: Samuel Solazzo
Mal verwirrend, mal eklig und meistens vollkommen absurd – so beschreiben es viele, die Paloma Solazzos Geschichten gelesen haben. Einmal habe ihr eine Freundin gesagt, ihre Geschichten hätten etwas Philosophisches; andere finden ihre Texte schlicht originell oder witzig. „Wenn ein Gefühl rüber kommt, ist das immer gut“, sagt die junge Autorin selbst. Dabei kann die 16-jährige Schweinfurterin nicht einmal selbst genau beschreiben, um was es in ihren Geschichten eigentlich gehen soll. Es seien „Texte ohne Absicht“, also Geschichten ohne ein komplexes Konzept, ohne eine große Idee oder eine höhere Wahrheit, die sich dahinter verbirgt. Paloma überlegt sich nicht schon vorher, wie sie ihre Leser fesseln könnte – sie schreibt einfach drauf los.
Nicht die erste Teilnahme
Womöglich hat sie genau damit beim Bundeswettbewerb der Berliner Festspiele überzeugt. Aus rund 630 Bewerbern wählte die Jury 20 Autorinnen und Autoren aus – unter ihnen auch Paloma mit ihren beiden Texten „Es war einmal“ und „Das kleine dumme Etwas“.
Der Preis: Eine Einladung nach Berlin zu einem fünftägigen Treffen Ende November mit den anderen Preisträgern. Bei Lesungen, Workshops und Textwerkstätten konnten sie weiter an ihrem Schreibstil arbeiten und sich über ihre Texte austauschen.
Bereits zwei Jahren zuvor hat Paloma beim Berliner Wettbewerb teilgenommen – ihre damalige Geschichte basierte auf einem Traum; 2016 hat sie sich mit einer Geschichtenreihe beworben und belegte damit den zweiten Platz. „Das kleine dumme Etwas“ ist ebenfalls eine Kurzgeschichten-Reihe, die von den Erlebnissen des gleichnamigen Titelhelden erzählen.
„Ich hatte nie beabsichtig, lustig zu sein“
Beim ersten Lesen wirken die Erzählungen oft wirr, trotz ihrer einfachen Sprache; die Handlungen sind nicht realistisch bis absurd, Themen und Schreibstil variieren ständig. „Manchmal kommt die Geschichte einfach so“, sagt Paloma. Vor dem Schreiben denkt sich die junge Autorin die Charaktere und deren Verhaltensweisen aus, um die sie dann ihre Geschichte spinnt: Die Figuren heißen mal „Hohlrabi“, mal „Kressekopf“ oder „Gitarrenkoffer-Flachbirnski“ oder eben „kleines dummes Etwas“ – und genauso sprechen und verhalten sie sich: mal einfältig, mal hochgestochen, mal arrogant. Heraus kommen Texte mit Titeln wie „Juckendes Blut“ oder „Parfümiertes Fleisch“.
Es sind aber keineswegs nur wilde Fantasien einer 16-Jährigen – der Spielraum für persönliche Interpretationen ist groß. Oft würden ihre Leser schildern, wie sie sich die Gestalt der Figuren vorstellen. Jeder erkenne etwas anderes in den Texten – für die Schweinfurterin immer wieder eine interessante Erfahrung. Auch als sie bei einer Lesung der Berliner Festspiele aus „Das kleine dumme Etwas“ liest: „Ich hatte nicht beabsichtigt lustig zu sein, aber die Leute haben trotzdem gelacht“, so die 16-Jährige.
Eltern lesen ihr heute noch vor
Ähnlich ging es ihr bei ihrem zweiten Text „Es war einmal“: Der gewann in der Kategorie Lyrik, obwohl er nie als Gedicht gedacht war. Dabei behauptet Paloma von sich selbst, sie könne gar keine Gedichte schreiben; bei ihr klinge es wie eine Aneinanderreihung an Worten, die niemand verstehe. Dennoch werden sie gemeinsam mit den Geschichten der anderen Preisträger in einer Jahrgangsanthologie im Februar nächsten Jahres veröffentlicht.
Ihre ersten Geschichten hat Paloma noch über ihre Kuscheltier geschrieben und dazu passende Bilder gemalt, wie sie erzählt. Eigentlich wollte sie immer zeichnen, so wie ihr Bruder – das habe aber nicht so gut geklappt; mit zwölf Jahren versucht sie sich an ihrem ersten Roman – nach den ersten 70 Seiten musste sie jedoch feststellen, dass sich ihr Stil in jedem Kapitel verändert; alles auszubessern hätte zu lange gedauert – daher widmete sich die junge Autorin von nun an den Kurzgeschichten; über 40 sind es bis heute geworden.
Berufswunsch: Lektorin
Motiviert und unterstützt wurde sie dabei immer wieder von ihren Freunden und Eltern. Auch heute lesen Palomas Eltern ihre Geschichten noch für sie vor: „Die eigenen Texte kann man besser verstehen, wenn man sie selbst hört“, so die 16-Jährige. Doch oft gefallen ihr die Texte nach einigen Monaten schon gar nicht mehr. Die neusten Geschichten sind ihr daher immer die liebsten: „Die Geschichten bedeuten mir aber alle sehr viel. Sie sind ein Teil von mir und ich hab sie lieb gewonnen“.
Aus dem Autorentreffen in Berlin kehrt Paloma mit gestärktem Selbstbewusstsein zurück. Die Begegnung mit anderen jungen Schreibenden habe sie für neue Geschichten inspiriert und in dem bestätigt, was sie bisher tut. Mittlerweile hat sie die Kurzgeschichtenreihe vom „Kleinen dummen Etwas“ um fünf Texte erweitert. Eine neue Geschichte habe sie derzeit zwar nicht im Kopf, dafür aber Zukunftspläne: Nach ihrem Abitur an der Friedrich-Fischer-Schule möchte sie nach Leipzig ziehen. Dort möchte sie dann „Literarisches Schreiben und Philosophie“ studieren, um Lektorin zu werden – und Autorin zu bleiben.
Quelle: https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Berufswuensche-Figuren-Kunst-und-Kulturfestivals-Preistraeger;art742,9815278
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