Geschichtsunterricht mit Werbeblock für die Landsmannschaft
„Deutsche aus Russland. Geschichte und Gegenwart“ lautet der Titel einer Ausstellung der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, mit der Projektleiter Jakob Fischer seit 2013 durch Deutschland tourt. An mehr als 220 Schulen spricht er während dieser Tournee über den „Schicksalsweg der Deutschen aus Russland“, über die „Geschichte der Deutschen in Russland“ und über das „Kriegsfolgenschicksal der Deutschen aus Russland“.
Mit 24 Tafeln, klassischem Kartenmaterial und einer Power-Point-Präsentation zeichnete Fischer in seinem engagierten Vortrag nun schon zum zweiten Mal seit 2013 an der Friedrich-Fischer-Schule die Auswanderung der Deutschen nach Russland nach. Einige hundert Schülerinnen und Schüler konnten dabei erfahren, dass diese große Einwanderungswelle der Deutschen ins zaristische Russland des 18. Jahrhunderts von Zarin Katharina II., der vormaligen Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst, ab 1763 vorangetrieben wurde, damit das in weiten Teilen noch kaum urbar gemachte größte Flächenland der Erde in blühende Landschaften verwandelt würde.
Willkommen verwandelte sich in Verbannung "auf ewige Zeiten"
Über 100.000 Deutsche sind dem Ruf der deutschstämmigen Zarin seinerzeit gefolgt. Sie sorgten, wo immer sie sich niederlassen durften, für eine anhaltende wirtschaftliche Blüte. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 und der Aufhebung ihrer Privilegien, etwa Befreiung vom Militärdienst und kulturelle Autonomie, kamen diese deutschen Auswanderer wieder und wieder zwischen die Mahlsteine der Geschichte. Bereits Mitte der 1870er Jahre wanderten viele Nachfahren der deutschen Russland-Kolonisten gezwungenermaßen nach Nord-und Südamerika aus. Dramatisch spitze sich ihre Lage zu Beginn des Ersten Weltkrieges zu, als es zu ersten Verschleppungen kam. Nach der Oktoberrevolution von 1917 waren systematische Enteignung und grausame Verfolgung ihr Schicksal. Mit dem Überfall von Hitler-Deutschland auf die Sowjetunion im Juni 1941 war das Schicksal der Russlanddeutschen endgültig besiegelt. Über eine Million Russlanddeutsche wurden zur Zwangsarbeit östlich des Ural deportiert. 1948 traf sie zudem der Bannstrahl Stalins 'auf ewige Zeiten'. Sie wurden regelrecht versklavt. Ausgestoßene waren sie nun, die nicht einmal einen Personalausweis erhielten und ihre Muttersprache nicht sprechen durften.
Vertragliche Verbesserungen
Nach ersten Verbesserungen in der Chruschtschow-Ära (1953 – 1964) und einer Besserung ihrer Situation in der Folge des Moskauer Vertrags vom August 1970 begann für die Russlanddeutschen in der Sowjetunion noch einmal eine bange Zeit des vergeblichen Wartens und Hoffens. Der Durchbruch in den deutsch-sowjetischen Beziehungen war schließlich mit dem von Bundeskanzler Helmut Kohl und Präsident Michail Gorbatschow 1990 abgeschlossenen „Abkommen über gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR“ gelungen, erklärte Fischer seiner aufmerksamen Zuhörerschaft. Seit Mai 1988 gelangten ungefähr 2,3 Millionen Menschen aus der Sowjetunion in die Bundesrepublik Deutschland. Von 1990 an stieg die Zahl der Aussiedler von davor knapp 100.000 im Jahr auf über 213.000 im Jahr 1994 an. Zuletzt, in den 10er Jahren des 21. Jahrhunderts, ist die Aussiedler-Anzahl der Russlanddeutschen auf weniger als 2000 Aussiedler pro Jahr zurückgegangen.
Als Spätaussiedler noch einmal von vorn beginnen
Tragisch genug ist das Schicksal vieler Spätaussiedler auch im zeitgenössischen Deutschland noch immer. In der Sowjetunion viele Jahrzehnte für die Verbrechen Hitler-Deutschlands geächtet, deportiert und geknechtet, sahen und sehen sie sich in der Bundesrepublik noch immer mit Vorurteilen und Anfeindungen konfrontiert. Und obwohl die Spätaussiedler selbst oft genug über eine gute Schulbildung verfügen und ihre Kinder längst nach noch höheren Bildungsabschlüssen streben, viele auch an der Friedrich-Fischer-Schule, wird ihnen immer wieder unterstellt, sie würden sich in Deutschland nicht integrieren und seien eine Belastung für die Bundesrepublik. Diesen ungerechtfertigten Anwürfen treten das Bundesministerium des Inneren, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg und der Aussiedler- und Integrationsbeauftragte der Bundesregierung mit Aufklärungskampagnen, Fakten oder der zuletzt an der FFS präsentierten Ausstellung „Deutsche aus Russland“ entgegen.
Im Gespräch mit Schulleiter Harald Bauer erklärten Projektleiter Jakob Fischer und der Vorsitzende der Landesgruppe Bayern in der Landsmannschaft der Russlanddeutschen, Ewald Oster, dann auch, dass sie durchaus hoffen, dass es den Menschen, die 2015 in großer Zahl und in höchster Not ihre Heimatländer hätten verlassen müssen, in Deutschland nicht ebenso ergehe wie lange Zeit den Russlanddeutschen.
Rüdiger Klein, StR