Irish Song Contest
„Singen? Nach Nationalitäten und in der Landessprache? Ein European Song Contest – Irish Version? Ach, das meint er nicht ernst!“ – Das waren meine ersten Gedanken, als ich mich nach dem Flug nach Dublin im Hörsaal des Trinity Colleges am ersten Tag meines CLIL-Kurses wiederfand und Kursleiter Edoardo die Anwesenden begrüßte. Mit mir im Raum waren die mir bis dahin noch unbekannten 16 Kursteilnehmer meines Kurses, sowie die Teilnehmer von vier weiteren Kursen der EnglishMatters-Agentur, insgesamt wohl so 80 bis 100 Leute aus 14 europäischen Ländern.
Als dann auf der Projektionsfläche ein Glücksrad erschien mit den Ländernamen und tatsächlich die ersten „Sänger“ auf die Bühne traten, war ich dann wirklich schon sehr nervös – ich hatte zuvor auf einer der Listen gesehen, dass es irgendwo im Raum noch einen weiteren Deutschen geben musste… wo war er nur?! „Hoffentlich kommen wir nicht als nächstes gleich dran! Was könnte man nur für ein deutsches Lied singen? Was mache ich, wenn derjenige nicht mit auf die Bühne geht?!“ Alles weitere Gedanken, die mir durch den Kopf schossen.
Nachdem sich ein Italiener nach dem gemeinsamen Gruppenauftritt mit seinen Landsleuten noch einmal separat gesanglich präsentierte und dabei als ausgebildeter Operntenor entpuppte, blieb allen im Raum der Mund offenstehen. Und endlich kam eine andere Kursteilnehmerin, Daniela aus Düsseldorf, in meine Richtung und wir fanden uns „auf der Bühne“ wieder und sangen mit dünnen Stimmen „99 Luftballons“ von Nena.
„Toller Einstieg, na das kann was werden!“, dachte ich mir im Anschluss grummelnd – aber wenigstens konnten wir das Ganze zu zweit bestreiten, ein Belgier und eine Ukrainerin, die mit dem Singen ihrer Nationalhymne für einen sehr emotionalen Moment sorgte, mussten da ganz alleine durch.
Völkerverständigung im Handumdrehen
Nach diesem ersten kleinen Schockmoment ging es auch schon rasant weiter mit einem Quiz über Irland und der Einteilung in die Gruppe „Irish Coffee“. Mit dieser erkundete ich das an diesem und allen weiteren Tagen meines Aufenthaltes recht regnerische Dublin. Und irgendwann am Ende des ersten Tages fanden sich etliche Kursteilnehmer im Pub bei einem Guinness wieder und Paolo aus Italien sprach mich auf die 99 Luftballons an, durch die er an seinen Deutschunterricht und das Erlernen des deutschen Zahlensystems erinnert wurde. Das versöhnte mich mit dem anfänglichen kleinen Ärger über die überrumpelnde Sing-Aktion und ich konnte mich über die europäische Völkerverständigung freuen. Europäischer Austausch fand an den kommenden Tagen in Hülle und Fülle sowohl im Kurs und bei Exkursionen statt als auch außerhalb unserer Unterrichtsstunden und Workshops in den Pubs von Dublin.
Content and language integrated learning
Mein CLIL (Content and language integrated learning) -Kurs thematisierte Theorie und Praxis des bilingualen Sachfachunterrichts. In diesem verstanden es die Tutorinnen und Tutoren stets, die Teilnehmenden zu aktivieren und sie die Methodik direkt umsetzen und ausprobieren zu lassen. Großes Augenmerk lag zudem auf der Integration digitaler Werkzeuge beim Unterrichten.
Es ging um die Grundlagen, die 4C´s, die do´s and don´t´s dieser Methodik und nicht zuletzt auch um die ethische Komponente bei der Verwendung dieses Ansatzes im Unterricht. Es wurde im Kurs spürbar, wie enorm wichtig es ist, das Lernen im bilingualen Sachfachunterricht zu unterstützen, zu begleiten und sprachlich vorzubereiten. Auch hat beim content and language integrated learning die Reflexion des gemeinsamen Fortschritts von Unterrichteten und von Lehrenden einen großen Stellenwert. Dieses gemeinsame und individuelle Reflektieren des eigenen Lernfortschritts als Kursteilnehmer im Kurs war sehr wertvoll und erinnerte daran, wie essenziell auch ein Nachdenken über das bereits Erreichte ist.
Praktische Umsetzung und Präsentation
Das aktiv erworbene Wissen um die CLIL-Methodik sollte ebenfalls natürlich gleich umgesetzt werden und so wurden in Gruppen unterschiedliche Unterrichtseinheiten entwickelt und zum Schluss auch präsentiert. Unsere Präsentationsgruppe entschied sich dafür, das Porträt des irischen Künstlers John William Leech in den Mittelpunkt der Präsentation zu stellen. Im entwickelten bilingualen Sachfachunterricht zu diesem Thema können Schülerinnen und Schüler dann einerseits die Geschichte der nützlichen Erfindung des (Sonnen-)schirms nachvollziehen, Vokabular für die Beschreibung von impressionistischen Gemälden erwerben und das eigene (Selfie-)Verhalten mit den (Selbst-)porträts aus früheren Zeiten vergleichen. Im Rahmen der Vorbereitung auf die Präsentation wurde erneut deutlich, dass die Umsetzung des bilingualen Sachfachunterrichts wohl eher nicht von jetzt auf gleich zu machen ist, sondern es eine planvolle Vorgehensweise und möglicherweise ein kooperatives Arbeiten mehrerer Lehrkräfte braucht, um den umfangreichen zeitlichen Mehraufwand in der Planung und Umsetzung zu bewältigen.
Fazit und Dank
Es war sehr schön und intensiv zugleich, sich mit den anderen Lehrkräften aus Europa darauf einzulassen und sich auszutauschen, von deren Erfahrungen zu hören und eigene Erfahrungen von zu Hause (mit zwei 13ten Klassen, der FW13a und der FTIW13/FIWT13) zu teilen und unendlich viele neue Impulse, Anregungen und Ideen mitzunehmen.
Auch war es wahnsinnig bereichernd zu erfahren, dass ein europäischer Austausch und eine Völkerverständigung so mühelos klappen können und man von jedem und jeder im Kurs etwas mitnehmen und lernen kann. Dass dies möglich war, ist unter Anderem der EU und der großzügigen Finanzierung durch das Erasmus+-Projekt zu verdanken. Eine Kursteilnehmerin brachte die Erfahrungen in Irland sogar in Reimform mit einem sehr treffenden „Thanks, my colleagues and teachers, all with positive features, inspiring, creative, eager and funny, it was worth spending the EU money“ zum Ausdruck.
Viel Dank geht genauso an den Stundenplaner, sowie die Kolleginnen und Kollegen, die während meiner Abwesenheit in den Klassen die Vertretungsstunden übernommen und Mehrarbeit geleistet haben. Mehr noch möchte ich unserem Schulleiter OStD Ralf Prosch danken, der das Erasmus+ Programm und den Austausch voll umfänglich unterstützt und im Vorfeld geholfen hat, so manch bürokratische Hürde ganz kurzfristig doch noch zu überwinden.
Singen? Kein Problem!
Nach den Präsentationen und der Verleihung der Zertifikate fiel der Abschied von den neu gewonnen Freunden aus ganz Europa sehr schwer und so wie es begonnen hatte, ging es am Schluss auch wieder gesanglich zu Ende und beim „O sole mio“ stimmten alle schon etwas wehmütig mit ein.
Verena Hebig, Oberstudienrätin und Erasmus-Koordinatorin der FFS
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