Niemals können wir nach Irland… oder doch?
„Wir wollen ins Ausland“. Dieser Gedanke schwebte uns bereits zu Beginn des Schuljahres 2022/23 im Kopf umher. Aber wohin, wann und wie sollen wir das finanzieren? Fragen über Fragen. Doch dann kam die frohe Kunde: Unsere Schule wird in das Erasmus+-Programm aufgenommen. Und so kam es, dass wir uns einige Monate später im Flugzeug nach Dublin, Irland, wiederfanden, um das Kaufmann International Certificate am Cork English College zu erwerben.
Andere Länder, andere Sitten – oder anderes Wetter
Angekommen in Dublin wurden wir sonnig begrüßt – zumindest kurzweilig. Auf der dreieinhalbstündigen Busfahrt nach Cork wurde uns auch das typisch-irische Wetter nicht verwehrt. Grauer Himmel, Regen und Wind, den unsere deutschen Regenschirme nur schwer standhalten konnten – wie wir später am eigenen Leib feststellten. Das hielt unsere Gastfamilien aber nicht davon ab, uns am Busbahnhof freundlichst zu begrüßen und abzuholen. Die Frage „Do you want to drive?“ wurde an diesem Abend nicht das einzige Mal gestellt, als wir versuchten, auf der rechten Seite des Autos einzusteigen. Letztendlich war neben dem Wetter eine weitere Umgewöhnung auf den Linksverkehr nötig. Dies wurde aber auf den nächsten Tag verschoben – erschöpft sind wir am Montag Mitternacht in unsere Betten gefallen.
Schule, aber auf irische Art – unser Weg zum Kaufmann International Certificate
Montag morgens hieß es dann für uns, dass wir nur wenige Tage nach Erhalt unseres Allgemeinen Abiturs erneut die Schulbank am Cork Englisch College drücken mussten. Aber anders als in Deutschland hat der Unterricht für uns um 08:40 Uhr begonnen, was für uns mehr Schlaf bedeutete. Während Yessica ihren Schulweg zu Fuß bestreiten konnte, musste Julian sich auf Cork’s außergewöhnlich ausgebauten Busverkehr verlassen. Beim Betreten des Colleges wurden wir freundlich vom Personal empfangen und zu unserem Klassenzimmer geführt, wo die nächste Überraschung auf uns wartete: neun andere deutsche Kursteilnehmer. Gewohnheitsbedingt haben wir Gespräche auf Deutsch begonnen, bis uns unsere Lehrerinnen und Lehrer darauf hinwiesen, stets Englisch im College zu reden – macht ja auch Sinn in einem Englisch College. Was anfangs ungewohnt und auch unangenehm war, wurde für uns schnell zur Normalität.
Kurz darauf stellten unsere Lehrerinnen und Lehrer – Ankie, Ciara und Jason – sich sowie unseren Stundenplan vor. Für die nächsten drei Wochen würden wir von 8:40 – 10.40 Uhr von Ankie über Irlands (ökonomische) Geschichte unterrichtet werden, während wir nach einer 20-minütigen Kaffeepause bei Ciara weitere zwei Stunden bis 13:00 Uhr mehr über international relevante kaufmännische Inhalte lernten. Nach der Mittagspause wurde bis 15.30 Uhr von Jason unsere Kreativität gefragt.
Im Unterricht wurde der Fokus besonders auf das Sprechen von Englisch gelegt, damit wir unsere Sprachkompetenz und Redegewandtheit verbessern konnten. Des Weiteren gab es immer wieder Gelegenheiten, unser Hörverstehen zu verbessern. Auch Aufgaben zum Leseverstehen wurden nicht ausgelassen. Abgerundet wurde alles mit spielerischen Elementen wie beispielsweise „Bamboozle“ oder „Kahoot“.
Neben klassischem Unterricht war es im Rahmen eines Projekts unsere Aufgabe, eine Marktlücke zu entdecken und ein Start-up zu gründen, welches wir am Ende der drei Wochen präsentieren mussten. Unsere Idee: Die „Fit Food Factory“ – ein Restaurant, welches „healthy, nutritious and delicious food“ anbietet. Wir mussten die Zielgruppe identifizieren, ein Marketingkonzept entwerfen, die Konkurrenz erfassen und unseren „unique selling point“ (kurz: USP) erläutern. In der Präsentation konnten wir zudem die neu erlernten Kompetenzen bezüglich des Präsentierens direkt anwenden und so Eindruck schaffen – schließlich wurde der Vortrag bewertet.
Aber das Projekt war nicht die einzige Hürde, die es zu überwinden galt. Es stand zudem am letzten Tag ein schriftlicher Test an, für den wir ausführlich vorbereitet wurden und welcher mit wenig Lernaufwand machbar war. Geprüft wurde unter anderem das erlernte Vokabular, idiomatische Redewendungen und grammatikalische Strukturen verknüpft mit konkreten Inhalten zu beispielsweise Irlands Wirtschaft, der irischen Hungersnot und ökonomisch-ökologischen Konflikten wie Fast Fashion, Ethical Travel und Business Ethics.
Europäer entdecken gemeinsam Irland
Trotzdem kam der Spaß bei unserem Aufenthalt nicht zu kurz. In unserem Kurs waren nämlich zwei eindrucksvolle Ausflüge enthalten. Der Erste führte uns in die Brauerei „Franciscan Well“, wo uns die traditionelle irische Braukunst nähergebracht wurde. Anschließend hatten wir die Möglichkeit, eine Vielzahl an dort gebrauten Bieren zu verkosten. In der darauffolgenden Woche gingen wir zum Museum „Nano Nagle Place“. Dort wurde uns etwas über die beeindruckende Geschichte von Nano Nagle erzählt, die sich schon im 18. Jahrhundert – trotz der damaligen Gesetze – für die Schulbildung von Mädchen eingesetzt hat.
In der unterrichtsfreien Zeit hat das College außerdem eine Vielzahl an Aktivitäten angeboten, bei denen es uns möglich war, Kontakte mit Menschen aus ganz Europa zu knüpfen. Sei es beim Irish Dancing in einem traditionellen Pub, beim International Students Day, wo unterschiedliche Nationalitäten ihre Küche und ihre Kultur präsentierten, oder bei der lebhaften Summer Party des Colleges. Überall war es möglich, neue Leute aus Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn oder auch Asien kennenzulernen. Auch eine Vielfalt an Ausflügen zu diversen Orten haben wir gemacht. So besichtigten wir – gemeinsam mit vielen anderen – die atemberaubende Mitcheltstown Cave und Cahir Castle an einem Wochenende.
Mitunter die besten Erfahrungen haben wir auf Ausflügen mit neu gefundenen Freunden gesammelt. Die Cliffs of Moher, The Burren, die kleine Hafenstadt Kinsale sowie das dort gelegene Charles Fort und die farbenfrohe Stadt Cobh (gesprochen Cove) mit „Irlands Alcatraz“ Spike Island… all das konnten wir auf unserer Reise entdecken. Unser absoluter Favorit? Die Cliffs of Moher mit ihrer einzigartigen Landschaft. Aber auch Cork hat viel zu bieten. Der Marina Market mit einer unglaublich großen Auswahl an Essen (wir vermissen diesen Ort noch immer), der English Market mit vielen kleinen authentischen Ständen, die Shandon Bells, auch genannt Four-Faced-Liar, da alle vier angebrachten Uhren nicht die richtige Uhrzeit abbilden, die Crawford Art Gallery mit einer spektakulären Ausstellung, zahlreiche Shoppingläden und Barbenheimer in Irland werden wir nie vergessen.
Danke, Danke und nochmal Danke!
In unseren Augen war dieser Aufenthalt ein voller Erfolg. Wir haben nicht nur viele neue Leute aus Europa und aller Welt kennengelernt und uns so international vernetzen können, sondern konnten auch unsere Englischfertigkeiten verbessern. Die bunte Mischung aus Unterricht, Abenteuer und europäischem Bewusstsein machten diese Reise unvergesslich und einzigartig. Ein unglaublich großes Dankeschön richten wir an Herrn Fackler und Frau Hebig, die als Erasmus-Koordinatoren den ganzen bürokratischen Aufwand auf sich genommen haben. Natürlich möchten wir uns auch bei Herrn Prosch für die Genehmigung des Projekts bedanken. Zudem danken wir dem Erasmus+-Programm, welches jungen Schülerinnen und Schüler wie uns die Möglichkeit gibt, wertvolle Lebenserfahrungen und Kompetenzen zu sammeln.
Unser Appell
Der Wunsch nach einem schulischen Auslandsaufenthalt wurde uns erfüllt, trotz all der Hürden, die es zu überwinden galt. An alle, die sich unsicher sind, selbst so eine Reise zu bestreiten: Macht es, es lohnt sich unglaublich!
Yessica Brucks und Julian Poeschl, Schüler der ehemaligen FW13a
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