Mit der Stimme visualisieren
Was sind Podcasts? Wie erstellt man so etwas? Wofür braucht man das? Diese und andere Fragen ergaben sich in den Klassen FT12c und BW12a. Podcasts sind vom Prinzip her simple Audio-Dateien, die man rein technisch auf einfache Art und Weise herstellen kann. Das ist aber noch nicht alles. Der Name leitet sich von Apples "iPod" ab, der früher als mobiler Audio-Player für die eigene Musiksammlung benutzt wurde, als es noch keine Smartphones gab. So konnte man mit diesem inzwischen nicht mehr neu aufgelegten mobilen Device seine eigenen Musikdateien hören und darüber hinaus auch noch Sachen abspielen, wie Hörspiele oder eben Podcasts. Podcasts, eine Wortneuschöpfung, beinhaltet neben der Anspielung auf die früheren iPods von Apple auch den Begriff "cast", dieser steht für "broadcast" also für Sendung. Podcasts sind Radiosendungen, die man zeit- und ortsunabhängig auf eigenen Wiedergabegeräten ablegen und je nach Bedarf wiedergeben kann.
Die typische Nutzung von Podcasts ist sehr individuell und findet heutzutage vornehmlich auf Smartphones mittels Kopfhörern statt. Allen Podcasts gemeinsam ist die Konzeption als Serien. Es erscheinen von einem Podcast mit einem bestimmten Namen wie z.B. "Mordsgespräche" von der "Mainpost Würzburg" immer wieder sogenannte Episoden in einem regelmäßigen Veröffentlichungsrhythmus.
Ursprünglich waren Podcasts grundsätzlich für alle Interessenten kostenlos und frei im Internet erhältlich. Man spricht hier von der "Podosphäre". Inzwischen sind auch kommerzielle Anbieter wie auch die Tageszeitung "Mainpost" auf dieses Format aufmerksam geworden. Man spricht von einem Podcast-Hype. Marketingmanager schwärmen von neuen Werbemöglichkeiten und möchten am liebsten in allen Firmen eigene Podcasts einrichten lassen.
Abgesehen von diesen aktuellen Entwicklungen sind Podcasts erst einmal eines, nämlich eine demokratische Möglichkeit für die Veröffentlichung von Inhalten aller Art, für die es zunächst einmal keine zentrale Regulierung gibt, und das unabhängig von kommerziellen Zwängen oder Interessen. Der typische Podcast erscheint auf einer privaten Webseite und bietet dort die Möglichkeit an, die komplette Podcastserie zu abonnieren - kostenlos versteht sich - oder dort direkt vor Ort anzusehen.
Schön und gut, aber warum sollte man Podcasts in der Schule behandeln? Im Zuge der Digitalisierung der Gesellschaft und der Umwelt (auch der schulischen) entstehen immer mehr Gelegenheiten, bei denen man zum digitalen Produzenten von Medieninhalten werden muss, um adäquat auf diese Entwicklungen zu reagieren oder um im Berufsleben mithalten zu können. Schon heute gelten Menschen als illiterat, die keinen Computer bedienen können. Um digitalen Analphabetismus zu vermeiden, müssen Schüler*innen vermehrt auch in der Schule zu Medienproduzent*innen werden. Es ist naiv anzunehmen, dass die digital Natives dies von Haus aus schon können. Deutsch als zentrales Fach zur Medienbildung ist hierbei besonders gefordert.
In dem vorliegenden Fall war der technische Zugang relativ niederschwellig für die Klasse FT12c, da diese in unserem Hause eine Tablet-Klasse ist, die mit MS Surface Tablets ausgestattet wurde. Man kann mit dem Surface schon mit dem internen Mikrofon ganz akzeptable Ergebnisse erzielen. Profi-Audioqualität musste hier im schulischen Kontext nicht angestrebt werden. Aber es galt erst einmal die Voraussetzungen zu klären. Was sollte in den Podcast hinein bzw. wie ist dieser aufzubauen? Welche Qualitätsmerkmale sind anzustreben?
Als verbindliche Elemente wurden festgelegt: ein aussagekräftiger Titel, ein Intro (gemeinfreies Audioschnipsel, einführendes Zitat, Ohrenöffner) und am Beginn eine kurze Vorstellung der Sprecher. Als Zeitvorgabe wurden 6 bis 10 Minuten festgelegt. Die Anzahl der Sprecher sollte nicht größer als zwei sein, d.h. immer zwei Schüler*innen arbeiteten zusammen an einem Podcast und erhielten dafür eine mündliche Note.
Dann galt es zu besprechen, welche Formate sich anbieten für dieses kurze Zeitfenster. Typische Podcasts sind immerhin mindestens eine Stunde lang. Es gibt das Interviewformat: Host und Gast haben verschiedene Rollen. Der Host stellt die Fragen. Der Gast wird als Experte zu einem Spezialthema befragt. Recht gut machbar ist auch das Gesprächsformat: Beide Gesprächspartner unterhalten sich gleichberechtigt über ein Thema. Dies ist auch als Laberpodcast bekannt und bietet sich z.B. für die Besprechung von Filmen an. Falls Schüler*innen keine Partner*innen finden, gibt es noch die Möglichkeit einen Solopodcast erarbeiten zu lassen. Diesmal eben nur mit einer Sprecher*in, die den Vortrag sinnvoll strukturieren muss.
Abzugeben war bis zu einem bestimmten Termin eine Audio-Datei im Format mp3 oder mp4, da MS OneNote keine Dateien einbinden kann oder will, die größer als 20 MB sind. OneNote diente hier zur Veröffentlichung im Klassenumfeld. Rein technisch benutzten die Schüler das Klassennotizbuch von MS OneNote und erstellten eine Seite im "Platz zur Zusammenarbeit", dem kollaborativen Teil von OneNote.
Mit dieser Größenbeschränkung kann man in diesem schulischen Umfeld ganz gut leben, aber es ist nicht ganz ideal. Für die Bewertung gelten die üblichen Kriterien, die man auch an eine Präsentation oder einen mündlichen Vortrag anlegen kann, wie neben der Qualität des Inhalts möglichst freies Sprechen, Lebendigkeit des Vortrags, Variation des Tempos, der Lautstärke, klare Aussprache, Hochdeutsch. Nebenbei lernen die Schüler*innen auch ein Medienprodukt herzustellen, müssen also neben der Konzepterstellung auch Aufnehmen, Schneiden, Konvertieren, - je nach Notwendigkeit. Irgendwelche Huster, Störgeräusche, Versprecher oder Lücken werden digital nachgebessert oder neu aufgenommen.
Die BW12a nahm vorwiegend mit ihren Handys, z.T. auch mit ihren eigenen Tablets auf. Die Tonqualität ist vollkommen in Ordnung. Man kann mit den mobilen Geräten flexibel im Schulhaus arbeiten und sich bei Bedarf ein ruhiges Plätzchen suchen. Eine andere Möglichkeit ist es, die eigentliche Aufnahme in das häusliche Umfeld zu verlegen.
In der außerschulischen Medienrealität ist es durchaus üblich, auch über das Internet zusammenzuarbeiten. Viele Podcastaufnahmen finden auch remote statt. Die Schüler können das auch machen, wenn sie zuhause aufnehmen dürfen. Bei der FT12c ergaben sich Konstellationen bei einzelnen Gruppen, die sich im Netz trafen und ihre Podcasts ortsunabhängig mit einer Telefonkonferenz oder mit einer Videokonferenz über MS-Teams aufgenommen haben.
In einem Fall befand sich eine Schülerin sogar noch im Ausland. Der Podcast fand trotzdem statt.
Die Schüler*innen beschäftigten sich beachtlich engagiert und verblüffend selbstständig mit dem Medium Podcast und hatten nachvollziehbar auch Spaß während ihrer Aufnahmen.
Stefan Pfister, OStR