Vom Albtraum des Lehrerwerdens...
Wir schreiben den 22.02.2021 und betreten als Englisch-Referendare das erste Mal das Schulhaus. Es ist riesig und uralt. Die Technik ist nicht auf dem neuesten Stand. Die Stimmung unter uns wird immer trüber. Wir bekommen Angst. Unser Seminarlehrer, ein alter Mann mit ebenso alten Prinzipien, begrüßt uns kurz. Mit der Kreide schreibt er “herzlich willkommen” an die Tafel. Die Kreide quietscht. Sonst herrscht Stille. In den kommenden Wochen wird es nicht besser. Selbst das Wetter ist nur noch grau und regnerisch.
„Sehen Sie sich um. Nur eine(r) wird hier als gestandene Lehrkraft rausgehen. Denken Sie also bloß nicht, dass das hier ansatzweise eine Kuschelnummer wird. Ich rate Ihnen, jetzt schon die Ellenbogen auszustrecken.“ Diese Botschaft am Ende eines unheimlich langen, mühsamen Seminartages setzt den Grundstein dafür, dass wir zu den größten Konkurrenten werden. Hinzu kommt, dass die Klassen scheinbar einen inoffiziellen Wettbewerb austragen, an dessen Ende diejenigen mit den meisten und gröbsten Disziplinstörungen und Verstößen gegen die Schulordnung als Gewinner gefeiert werden. Die Nächte von Sonntag auf Montag sind schlaflos. Zu groß ist die Angst, sich vor solche Schülerinnen und Schüler zu stellen.
Die folgenden Seminarsitzungen waren somit geprägt von Stillschweigen, Frage-Antwort-Spielen und Diskussionen über unseren Unterricht. In einer Mittagspause haben sich die Referendare kurz getraut über Privates zu sprechen. Dabei teilten sie ihr Interesse für Nachhaltigkeit und Sport. Dies wurde leider von unserem Seminarlehrer, der einen SUV fährt und auch überhaupt keine Begeisterung für sportliche Aktivitäten aufzeigt, sehr negativ aufgefasst, sodass die folgenden Unterrichtsstunden über “environmental problems” sowie “healthy lifestyle” äußert kritisch betrachtet wurden. Auf den Fahrten nach Schweinfurt wurde versucht mithilfe von Atemübungen der ansteigenden Nervosität und Angst entgegenzuwirken.
... zum Traum des Lehrerwerdens
… und plötzlich endet dieser schreckliche Traum. Es ist Montag früh morgens, der erste Kaffee wird noch frisch aufgebrüht, bevor es schon losgeht Richtung Schweinfurt. Auch wenn die Anfahrt für die meisten von uns etwas länger war, ist die Vorfreude auf den gemeinsamen Tag an der FFS Schweinfurt Woche für Woche aufs Neue wieder da. Denn all die Horrorgeschichten, die man über das Referendariat hört, haben definitiv nichts mit unserer Zeit in Schweinfurt gemein. So wurden wir sowohl von unserem Seminarlehrer Herrn Moser, als auch von der Schulleitung sowie vom gesamten Kollegium vom ersten Tag an herzlich aufgenommen und durften im Laufe des Jahres immer wieder Wertschätzung, aufbauende Worte und viel Unterstützung erfahren. Wir schreiben den 14.02.2022 und verlassen ganz schweren Herzens das tolle rosa Schulhaus.
Danke
Mit Stolz und Freude werden wir auf unsere Zeit in Schweinfurt zurückblicken und mit Sicherheit noch oft davon schwärmen. Danke an die gesamte Schulfamilie für die immer angenehme und schöne Begleitung durch unser erstes Jahr. Danke, dass uns von allen Seiten der Raum gegeben wurde, die Lehrkraft zu entdecken und zu entwickeln, die in uns steckt. Danke, für die Vielzahl an Möglichkeiten, die uns auf digitaler Ebene zur Verfügung standen. Der Montag in Schweinfurt war für uns immer der schönste Tag in der Woche.
Sarah Lorenz, Sophia Künzl, Julian Groulon, Jennifer Quitmann, Franziska Mayer
Referendarinnen und Referendare des Englisch-Seminars